Georg Friedrich Walz – Pharmazeut in Zeiten der nationalen Revolution
Autor: Karlheinz Mulzer
Es war kein allzu guter Morgen in der Zwingenberger Hofapotheke, jener Samstag, der 29. März 1862. Der Hochschullehrer der Pharmazie Prof. Dr. Georg Friedrich Walz endete sein ‚thatenreiches‘ Leben mit 48 Jahren während eines dortigen Besuchs.
Geboren wurde Georg Friedrich Walz am 24. Juli 1813 in Heppenheim als Sohn des Großherzoglichen Hessischen Steuerrektifikators Ludwig Friedrich Walz, dessen Beamtenlaufbahn ihn an die Bergstraße geführt hatte. Obwohl das Elternhaus protestantisch war, wurde Georg Friedrich am 1. Aug. 1813 in St. Peter katholisch getauft. Bevor der Vater 1827 nach Waldmichelbach versetzt wurde, erlebte Walz in Heppenheim die erste Schulzeit.
Die damalige desaströse Schulsituation - für die 145 Schüler der Knabenschule gab es einen Raum von ca. 38 m² - könnte ursächlich für ein wichtiges Element des späteren Wirkens Walz sein: der Einsatz für Bildung und Qualifikation. So gründete er sofort nach dem Erwerb der Schwanen-Apotheke in Speyer (1840) ein Privatinstitut, eine ‚pharmaceutisch chemische Bildungsanstalt‘. Den Schülern und Studenten wurde dort unter ‚freundlichster Behandlung und strenger Aufsicht‘ Kost und Logis gewährt. Dieses Institut hielt Walz zeitlebens aufrecht.
Einer der ersten Apothekenlehrlinge von Walz war Georg Franz Merck, der als schwieriger Charakter beschriebene Sohn des Heinrich Emanuel Merck, Gründer des Merck-Unternehmens. Georg Franz Merck wird später bei Justus Liebig in Gießen promovieren und die Geschäftsführung von Merck zusammen mit seinen Brüdern Carl und Wilhelm übernehmen.
Zusätzlich wurde Walz Lehrer an einer von ihm mitgegründeten Gewerbeschule in Speyer, später auch in Heidelberg. Hinzukam seine Lehrtätigkeit als Privatdozent an der Heidelberger Universität (ab 1856). Das Streben nach Bildung galt auch im privaten Bereich. Seine acht Kinder, Töchter wie Söhne, wurden bestmöglich ausgebildet.
Walz war zweimal verheiratet. 1845 hatte er sich mit Wally Martin verehelicht. Sie verstarb im Kindsbett nach der Geburt des zweiten Kindes (1848). Im Jahr darauf kam die Verbindung mit ihrer jüngeren Schwester Fanny Martin zustande. Beide Beziehungen sollen ‚auf Augenhöhe‘ gewesen sein.
Bereits in Heppenheim entdeckte Walz die Liebe zur Natur, er botanisierte. Pflanzen, deren Inhaltsstoffe auch deren Anbau, insbesondere der Wein, wurden zum Inhalt seines wissenschaftlichen Wirkens. Seine Doktorarbeit ‚Zur chemischen Zusammensetzung des Giftlattich-Milchsaftes‘ fertigte er nach einem 2jährigem Studium 1839 in Heidelberg an. Die Arbeit wurde von Justus Liebig in den Annalen der Pharmazie veröffentlicht. Zuvor hatte Walz eine dreijährige Apothekerlehre in Fürth mit hessischem Examen absolviert und er war als Apothekengeselle auf Wanderschaft (‚Konditionierung‘) umhergezogen.
Bedeutend im Leben Georg Friedrich Walz war - mit großem Fleiß und Eifer - sein Einsatz für Demokratie, Freiheitsrechte, für das Bürgertum, Handel, Gewerbe und auch für seinen eigenen Berufsstand. Ab 1840 wirkte er in Speyer (damals Bayern). Dort war er Mitbegründer eines Gewerbevereins, später dessen Sekretär und Vorsitzender, gründete hierfür eine Bibliothek, beteiligte sich an einem Gewerbekaufhaus und machte sich um das Eisenbahnwesen verdient - in den Zeiten des Vormärz vor 1848 waren dies fortschrittliche Ansätze, die staatlicherseits kritisch beobachtet wurden. Da Walz, wenn auch in mäßigender Weise, sich am Pfälzer Aufstand (1849 – Vorsitzender des Kantonalverteidigungsausschusses der Pfalz) beteiligte, durchlebte er von nun an immer wieder Repressalien der staatlichen Reaktion. Gleichwohl von 1848 bis 1850 fungierte er als Stadtrat in Speyer, von 1851-53 als Mitglied des Landrats.
Darüber hinaus war Walz Mitglied des Kreismedizinalausschusses und Apothekenvisitator der Pfalz (ab 1842), ab 1846 Vorstand des Apothekergremiums Pfalz. Er war Mitgründer des süddeutschen Apothekervereins, Motor für eine gesamtdeutsche Organisation, für ein allgemein gültiges Arzneibuch sowie für eine Pensionsversorgung der Apotheker. Walz fertige über 130 wissenschaftliche Publikationen an, besuchte zahlreiche Kongresse. Er wurde zum Ehrenmitglied von nationalen und internationalen Apothekervereinen und Organisationen. Die Leopoldina nahm ihn 1854 als Mitglied auf. Ab 1850 war Walz Mitherausgeber des ‚Jahrbuchs für practische Pharmacie‘.
1853, nun 40 Jahre alt, habilitierte Georg Friedrich Walz an der badischen Universität Heidelberg und plante eine Dozententätigkeit. Doch da wurde seine demokratische, ‚aufrührerische‘ Gesinnung bekannt. Allerlei Schikanen verhinderten einen geordneten Übergang in das akademische Umfeld. Gleichwohl, Walz verließ 1856 Speyer und zog mitsamt seines Privatinstituts nach Heidelberg um. Gleichzeitig bemühte er sich um den Erwerb der Heidelberger Hofapotheke. 1859 schließlich eine Anerkennung: die Ernennung zum außerordentlichen Professor.
Bald darauf manifestierte sich eine psychische Erkrankung, möglicherweise auch aufgrund der zahlreichen Belastungen. Zwar war er in großer Sorge, besonders hinsichtlich der finanziellen Unterstützung seiner Familie, doch lebensfroh wurde er nicht mehr.
3 1/2 Monate nach dem selbstgewählten Tod des Vaters wurde das neunte Kind, Ernst, geboren. Ernst Walz wurde Jurist und war Oberbürgermeister von Heidelberg in der Zeit von 1913 bis 1928.
Literatur:
Eberhardt, Gunter: G. F. Walz; Apotheker, Forscher, Revolutionär. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (1990).
Becker, Helmut: Sippenbuch Heppenheim a.d.B.; Bad IV, Halbband 2, S. 1113; Heppenheimer Geschichtsverein (2017)
Heß, Heinrich: 350 Jahre Heppenheimer Schulgeschichte (1566 bis 1916). 1200 Jahre Mark Heppenheim, S. 292-293, Magistrat Heppenheim (1973)