Johannes Werle – geschäftstüchtiger und wohlhabender Ratsherr, Handelsmann, Posthalter und Mühlenbesitzer
Von Dr. Hermann Müller
In Heppenheim sind eine Straße und eine ehemalige Mühle nach der Posthalterfamilie Werle benannt. Der am 6. September 1720 in Heppenheim geborene Johannes (Hans) Werle war der erste Posthalter aus dieser Familie. Sein Vater und Großvater waren Ratsbürgermeister. Damit war auch sein Weg in städtische Ämter bereits vorgezeichnet: Schon früh wurde er Ratsherr. 1751 wird er als Pfründmeister (Verwalter von Pfründen) genannt. 1755 hatte er das Amt des Schatzungserhebers (Steuereinziehers) inne und 1779 war er „ständiger Ratsbürgermeister“. Im Jahr 1787 war er Kurmainzer Salzfaktor und hatte damit in Heppenheim das Monopol für den Salzverkauf.
Seine Geschäftstüchtigkeit war enorm. Er kaufte und verkaufte eifrig Immobilien und war der größte nichtjüdische Viehhändler der Stadt. Wenn es um billiges Bauholz aus dem Stadtwald oder Steine vom Abbruch der Starkenburg ging, war er immer dabei. So vermehrte er sein Vermögen mit viel Geschick und wurde zu einem der reichsten Bürger der Stadt.
1777 schlug ihn die Postverwalterin Anna Maria Zwenger als Nachfolger vor, „zu dem sie wegen seiner bekannten Rechtschaffenheit und gesegneten Vermögensumständen besonderes Vertrauen hege“ [900 J. Starkenbg.]. Werle wurde 1777 vom Fürst von Thurn und Taxis zum Posthalter ernannt. Er kaufte von Frau Zwenger die Posthalterei und baute sie aus. Bereits 1779 sorgte er dafür, dass sein Sohn und späterer Nachfolger Matthäus Werle zu seinem Adjunkt ernannt wurde.
Sehr früh erkannte Werle die Bedeutung der Mühlen für seine Geschäftsaktivitäten und nutzte mit Weitsicht und Geduld seine Chancen: 1755 kaufte er einen Hausplatz am Unteren Tor; 1766 erwarb er acht von neun größeren Posten Abbruchmaterial der Starkenburg. Schließlich ließ er 1771 die Stadtmühle erbauen und nutzte dabei geschickt die Möglichkeit, diese in die Stadtbefestigung zu integrieren und dafür billige Steine von der Starkenburg zu verwenden. Das schmucke, erhaltene Türportal mit der Inschrift „HW-CAW-1771“ lässt den vermögenden Bauherren erkennen. Mit einem Darlehen an den Müller der oberhalb liegenden Weihersmühle erreichte er dessen Zustimmung für eine Wehrerhöhung an der Stadtmühle. Um 1795 besaß er auch eine Ölmühle und eine Schneidmühle (die Werlesmühle am Hambach). Letztere ließ er um eine Mahlmühle erweitern. Erst 1798 erfolgte die Aufnahme in die Müllerzunft verbunden mit dem Recht, für Kunden mahlen zu dürfen. Dafür musste er eine ein Malter höhere Mühlpacht zahlen, was er bisher vermieden hatte, in dem er nur für seinen erheblichen Eigenbedarf mahlen ließ.
Im August 1797 soll er sogar dem Dichter Goethe begegnet sein. Dieser berichtet in seinen Tagebüchern über einen längeren Halt seiner Kutsche an der Posthalterei und ein Gespräch mit dem Postmeister über den Viehhandel. Seine einflussreiche Stellung zeigt sich auch daran, dass Werle 1799 einer der beiden Bürger war, die durch Verhandlungen mit der französischen Armee das angedrohte Niederbrennen der Stadt verhindern konnten.
Johannes Werle starb mit reicher Hinterlassenschaft hoch geachtet am 13. Juli 1806 in Heppenheim. Durch seine vielfältigen Aktivitäten hat er viel zur Entwicklung der Stadt beigetragen und gehört zu den wichtigsten historischen Persönlichkeiten Heppenheims im 18. Jahrhundert.