Rechtsgeschichte Heppenheims und des Amtes Starkenburg
Verbrechen, Justiz und Strafe und das Centgericht auf dem Landberg
Der Landberg bei Heppenheim war seit dem Jahr 1224 Gerichtsstätte und Sitz des für das Amtes Starkenburg zuständigen Centgerichts, das die niedere und höhere Strafgerichtsbarkeit ausübte. Das Gericht verfügte über ein eigenes Strafrecht, welches die Schöffen selbst „gefunden“ bzw. „gewiesen“ hatten und das 1430 anlässlich eines Rechtstreits als Weistum aufgezeichnet wurde. Ebenso ist auch der heute noch erhaltene „Streitstein“ Ergebnis des „Wäppnerstreits“ zwischen Heppenheim und Bensheim, die das Gericht auf dem Landsberg gemeinsam ausübten. Zwar entschieden Schöffen und Richter seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr autonom, denn die Entscheidungen trafen die Juristen des Kurfürsten in Mainz. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Verdächtigen aber noch in den Heppenheimer Stadttürmen inhaftiert und im Amtshof verhört und gefoltert. Auch das Urteil wurde noch auf dem Landberg verkündet und die Strafen wurden auf dem nördlich an der Gemarkungsgrenze zu Bensheim gelegenen Hinrichtungsplatz vom Scharfrichter vollstreckt. Insgesamt lassen sich mindestens 55 Todesstrafen nachweisen; die letzte wurde 1799 an Niclas Dörsam vollzogen.
Das Centgericht auf dem Landberg hat zahlreiche Urkunden und Akten hinterlassen, darunter vier Gerichtsbücher, die Kurmainzer Kriminalakten mit über 100 Fälle aus dem 17. und 18. Jahrhundert und die Gerichtsrechnungen (Centkostenrechungen). Der Geschichtsverein erforscht anhand dieser umfangreichen Quellen Verbrechen, Justiz und Strafe im Amt Starkenburg, präsentiert Ergebnisse in Vorträgen und Publikationen, kümmert sich um die Pflege und Präsentation der Stätten des Gerichts (Landberg, Streitstein, Amtshof) und führt auf Anfrage „Galgenwanderungen“ zu den Orten der Heppenheimer Rechtsgeschichte durch.
Anfrage: „Galgenwanderung“: karl@haerter.org
Abb.: Der Landberg bei Heppenheim, gezeichnet von Karl von Amira 1888, Bleistiftzeichnung, ca. 30 x 21 cm (rechtsarchäologische Sammlung Karls von Amira, Leopold-Wenger-Institut München, Mappe 22 a)
Galgenwanderungen:
Juni 2023 mit dem FC Starkenburgia
Veröffentlichungen:
· Karl Härter, Die Gerichtsstätte auf dem Landberg bei Heppenheim in rechtshistorischen Abbildungen und Darstellungen, in: Die Starkenburg 89 (2012), S. 1-4
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· Karl Härter, Räuber- und Diebsbanden im Kurmainzer Oberamt Starkenburg: Vagantenleben, Verbrechen und Strafen im 18. Jahrhundert, in: Geschichtsblätter Kreis Bergstraße 42 (2009), S. 33-60
· Karl Härter, Die Hinrichtungsstätte des Centgerichts Starkenburg und die dort vollzogenen Todesstrafen, in: Mitteilungen des Museumsvereins Bensheim e.V. 51 (2005), S. 8-21
· Karl Härter, „Heirat unter dem Galgen” (1726), in: Die Starkenburg 73 (1996), S. 82
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· Karl Härter, Strafjustiz, Gefängnisse und Stadttürme im Heppenheim des 18. Jahrhunderts, in: Die Starkenburg 72 (1995), S. 73-76
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