Franz Vettel - Feldarbeit statt Formel 1

Von Manfred Bräuer

Nicht nur der Rennfahrer Sebastian Vettel ist über die Grenzen der Stadt Heppenheim hinaus bekannt. Ein anderer in Heppenheim geborener Vertreter der Vettel-Sippe machte Karriere im Bereich der Landwirtschaft. Der spätere Professor Dr. agr. h.c. Franz Vettel erblickte am 9. Februar 1894 in Heppenheim das Licht der Welt. Er war das siebte von zehn Kindern des Heppenheimer Metzgers Jakob Vettel und dessen Ehefrau Katharina geborene Neher. Bei seiner Taufe in St. Peter und bei der standesamtlichen Anmeldung durch seinen Vater wurde er vollständig „Franz Johann“ genannt.

Franz Johann Vettel absolvierte die Oberrealschule und eine landwirtschaftliche Volontärzeit. Nach vier Jahren Militärdienst im I. Weltkrieg studierte er von 1919 bis1921 Landwirtschaftswissenschaften an der Universität Halle an der Saale. Nach dem Abschluss als Diplomlandwirt arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am dortigen Institut für Acker- und Pflanzenbau auf dem Gebiet der Pflanzenzüchtung.

Von 1926 bis 1951 – unterbrochen nur durch Internierung in einem sowjetischen Gefangenenlager von 1945 bis 1948 – wirkte er als Saatzuchtleiter bei der Firma Ferdinand Heine in Kloster Hadmersleben. Nach Übernahme dieser in der Magdeburger Börde gelegenen Zuchtstätte durch die Akademie der Landwirtschaftswissenschaften in Berlin wurde er 1952 zum Leiter der daraus entwickelten Forschungsstelle für Getreidezüchtung Kloster Hadmersleben berufen. Dieses Amt hatte Vettel bis zu seinem Ruhestand 1961 inne.

Wolfgang Porsche schrieb 1998 über den „passionierten“ Getreidezüchter Franz Vettel und dessen Ende als Institutsleiter: „Als katholischer Christ und diskussionsfreudiger aufrechter Wissenschaftler war Vettel kein Anhänger der in der DDR herrschenden SED-Diktatur. Nach der Errichtung der Berliner Mauer brachte er auf einer Plenartagung der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR öffentlich seine Ablehnung der Maßnahmen der DDR-Regierung vom 13. August 1961 zur rigorosen Teilung Deutschlands zum Ausdruck. Er wurde daraufhin als Leiter der Forschungsstelle für Getreidezüchtung abgesetzt und Ende 1961 in den Ruhestand entlassen.“

Franz Vettel gehörte zu den erfolgreichsten Pflanzenzüchtern in Deutschland. In seiner langjährigen Züchtungsarbeit schuf er zahlreiche Zuchtsorten von Winter- und Sommerweizen, Sommergerste, Hafer und Winterroggen. Er erreichte dabei wesentliche Verbesserungen in der Ertragsleistung und -sicherheit sowie der Qualität des Getreides. Seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen befassten sich dementsprechend mit Themen wie „Die Ursachen der Auswinterung von Winterweizen 1953/54 und welche Schlüsse wir daraus ziehen müssen“, „Stand der Qualitätszüchtung bei Weizen“ oder „Züchtungsmethodische Fragen der Neu- und Erhaltungszüchtung bei Weizen, Gerste und Hafer“.

Vettel wurde 1951 Träger des Nationalpreises der DDR II. Klasse für Wissenschaft und Technik.1952 verlieh ihm die Universität Halle die Ehrendoktorwürde. Als erster erhielt er 1954 von der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung die Theodor-Roemer-Gedenkmedaille, 1955 wurde er zum Professor der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin ernannt. 1960 wurde Vettel mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber ausgezeichnet.

Seinen Lebensabend verbrachte Prof. Dr. agr. h.c. Franz Vettel in Wernigerode am Harz. Er starb dort am 13. Juli 1965.

 

 

 

Franz Vettel
(Bildquelle: privat
http://www.uni-magdeburg.de/mbl/Biografien/0414.htm)

 

 

Franz Vettel in Hadmersleben, 1951
Auf den Feldern des Saatzuchtgutes Hadmersleben bei Magdeburg ist die Herbstbestellung im vollem Gange. Traktorist Rudolf Sofart hat vier Geräte gekoppelt und macht den Acker in einem einzigen Arbeitsgang saatfertig, Nationalpreisträger Franz Vettel, der Saatzuchtleiter des Gutes, ist täglich auf den Feldern, um die richtige Bodenbearbeitung zu überprüfen. UBz: Nationalpreisträger Franz Vettel (links) beobachtet, wie Traktorist Rudolf Sofart mit seiner 55 PS-Raupe im dichten Nebel den Acker bearbeitet.
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5f/Bundesarchiv_Bild_183-12564-0001%2C_Hadmersleben%2C_Herbstbestellung.jpg